Baurecht

Keine konkludente Abnahme bei Mängeln und fehlenden Leistungen.

Der BGH bestätigt in seiner aktuellen Entscheidung vom 05.11.2015 – VII ZR 43/15 die strengen Anforderungen an eine konkludente Abnahmeerklärung von Werkleistungen.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Bauherr das Bauunternehmen (=AN) mit der Errichtung einer Stadtvilla zu einem bestimmten Fertigstellungstermin beauftragt. Der Fertigstellungstermin wurde nicht eingehalten. Unter Beteiligung eines Sachverständigen kam es dann zu einem gemeinsamen Termin im Objekt. Der Sachverständige stellte zahlreiche, teilweise erhebliche Mängel fest. Die Zuwegung zur Villa und die Terrassen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt. Der Bauherr äußerte sich nicht ausdrücklich zur Abnahme der Leistung und bezog das Objekt. Nachfolgend teilte er dem AN mit, dass er die letzte Rate nicht zahlen werde, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien, und er gegen die vorletzte Rate mit einer Vertragsstrafe aufrechne. Der AN vertrat die Auffassung, die Geltendmachung der Vertragsstrafe scheide aus, weil der Bauherr die Leistung im Termin mit dem Sachverständigen konkludent abgenommen und sich die Vertragsstrafe nicht vorbehalten habe.

Mit dieser Auffassung drang der AN nicht durch. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass hier von einer konkludenten Abnahme nicht die Rede sein kann. Von einer konkludenten Abnahme kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Leistung entgegengenommen wird und der Auftraggeber eine Erklärung abgibt, wonach er diese Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß annimmt. Zwar könne eine solche Erklärung auch konkludent und insbesondere auch durch die Nutzungsaufnahme abgegeben werden. Die Voraussetzungen für eine solche Annahme lagen aber nicht vor.  Denn, wenn der Bauherr vor Beginn der Nutzung oder innerhalb einer angemessenen Prüffrist Mängel rügt, die ihn zu einer Abnahmeverweigerung berechtigten, oder wenn das Bauwerk noch nicht vollständig fertig gestellt ist (vgl. BGH, IBR 2011, 218), kommt der Nutzung des Objekts nicht der Erklärungswert zu, das Werk sei  im Wesentlichen vertragsgemäß angenommen. Da im Sachverständigentermin zahlreiche, zum Teil wesentliche Mängel festgestellt  wurden und die Leistung noch nicht fertig gestellt war, hatte der AN keinen Anlass annehmen zu können, mit der Ingebrauchnahme billige der Bauherr dessen Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß.

Die Abnahme von Werkleistungen durch „konkludente“ Erklärungen des Bauherrn kann sich für diesen als nachteilig erweisen, wie die Entscheidung des OLG Bamberg vom 09.12.2015 – ebenfalls hier besprochen – zeigt. Denn oftmals wird dem Bauherrn nicht bewusst sein,  dass er durch sein Verhalten für ihn nachteilige Rechtsfolgen setzt. Ob eine konkludente Abnahme angenommen werden kann, bleibt immer einer Einzelfallentscheidung.

Dr. Pils
Rechtsanwältin