WEG
Abnahme des Gemeinschaftseigentums nach WEG durch die Ersterwerber.
Nachdem die Rechtsprechung eine Vielzahl von Regelungen, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums nach WEG durch z.B. vom Bauträger gestellten Verwaltern oder Sachverständigen erfolgen sollte, für unwirksam erklärt hatte, fehlte es an der für den Beginn der Verjährung von Mangelansprüchen erforderlichen Abnahme. Dies führte dazu, dass sich die Mangelhaftung des Bauträgers deutlich zu verlängern droht.
Die Entscheidung des OLG Bamberg vom 09.12.2015 – 8 U 23/15 verfolgt hierzu einen für Bauträger interessanten Ansatz.
In dem zu Grunde liegenden Sachverhalt war in den notariellen Verträgen eine förmliche Abnahme der Bauleistung durch einen bestellten Vertreter vorgesehen. Eine solche fand aber nicht statt. Vielmehr bezogen alle Ersterwerber das Objekt und zahlten die letzte Kaufpreisrate. Später wurden in unverjährter Zeit zwar Mangelansprüche erhoben, diese aber zunächst nicht weiterverfolgt.
Das Gericht hat hier in einem ersten Schritt den wirksamen Verzicht auf eine förmliche Abnahme angenommen. Aus diesem Grunde kam es hier nicht darauf an, ob die Vertretungsregelung im notariellen Vertrag mittels eines bevollmächtigten Verwalters und einiger Personen aus dem Kreis der Erwerber die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums durchzuführen, unwirksam war. Denn eine solche Vertragsbedingung in einem formularmäßigen Bauträgervertrag beschränkt die originären Abnahmerechte der Erwerber, ohne dass hierfür ein ausreichend wichtiger Grund vorliegt und wird deshalb von der Rechtsprechung äußerst kritisch betrachtet. Da diese Vollmacht hier gar nicht eingesetzt wurde, konnte das Gericht die Wirksamkeit dieser Regelung dahinstehen lassen.
Das Gericht hat hier eine konkludente Abänderung der vertraglich vereinbarten förmlichen Abnahme angenommen, was nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich möglich ist (BGH, Urteil vom 03.11.1992, Az.: X ZR 83/90). Die förmliche Abnahme dient auch dem Schutz des Auftraggebers vor der Bewertung seines Verhaltens als Abnahme, d.h. der Wertung eines Verhaltens, das u.U. nicht von dem Willen getragen ist, so oder überhaupt eine Abnahme zu erklären (OLG Köln, Urteil vom 30.01.2002, Az.: 27 U 4/01). Um diesen Schutz nicht zu relativieren, bedarf es für den konkludenten Verzicht auf eine solche förmliche Abnahme hinreichender Anhaltspunkte für die Annahme einer Aufhebungsvereinbarungen. An das Vorliegen der Voraussetzungen werden strenge Anforderungen gestellt (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1977, Az.: VII ZR 108/76; Urteil vom 03.11.1992, Az.: X ZR 83/90; Urteil vom 22.12.2000, Az.: VII ZR 310/99). Das Verhalten muss einen eindeutigen objektiven Erklärungswert haben.
Diesen objektiven Erklärungswert hat das Gericht im Verhalten aller Erwerber gesehen, das Gemeinschaftseigentum in Nutzung zu nehmen. Zudem war ein konkreter Termin zur Abnahme vereinbart worden. Allerdings kam es auch in den folgenden Monaten nicht zu der vereinbarten förmlichen Abnahme des Teils der Wohnanlage, der in gemeinschaftlichem Eigentum stehen sollte. Schließlich zahlten sämtliche Erwerber den vereinbarten Kaufpreis auch zu jenem Teil, der erst nach vollständiger Fertigstellung der Außenanlagen und nach Behebung von protokollierten Mängeln fällig werden sollte. Jedem Eigentümer war vor Zahlung der letzten Rate bekannt, dass ein Abnahmeprotokoll zum Gemeinschaftseigentum, aus dem sich Protokollmängel ergeben könnten, nicht existierte bzw. ihm jedenfalls nicht vorlag. Indem alle Erwerber unter diesen Voraussetzungen die letzte Rate des Kaufpreises vollständig und ohne Vorbehalt an den Bauträger zahlte, brachten sie zum Ausdruck, dass das Werk in allen für sie relevanten Teilen als korrekt abgenommen gelten soll und verzichteten dadurch auf eine förmliche Abnahme.
Der Verzicht war auch nicht deshalb unwirksam, weil dieser nicht notariell beurkundet worden war. Denn zum einen erfolgte der Verzicht teilweise zu einem Zeitpunkt als der Erwerber bereits als Eigentümer eingetragen waren, so dass eine notarielle Beurkundung nicht notwendig war. Zum anderen wurde ein ggfs. bestehender Formmangel durch Eintragung des Eigentümers ins Grundbuch geheilt.
Nach Auffassung des Gerichts kann hier ein Bewusstsein aller Ersterwerber angenommen werden, mit ihrem Verhalten die Abnahme auch des Gemeinschaftseigentums zu erklären. Grundsätzlich ist auch Gemeinschaftseigentum von jedem Erwerber persönlich abzunehmen, denn er hat einen eigenen vertraglichen Anspruch auf die mangelfreie Herstellung auch des Gemeinschaftseigentums. Deshalb liegt es grundsätzlich bei jedem Erwerber, zu entscheiden, ob er das Gemeinschaftseigentum als in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung anerkennen will (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl., Rn. 504 ff.509). Wenn aber allen Erwerbern bewusst war, das eine förmliche Abnahme notwendig, diese aber nicht durchgeführt wurde bzw. eine Abnahmeerklärung ihrerseits nicht abgegeben wurde und die Fälligkeit der letzten Kaufpreisrate von der Fertigstellung und Abnahme der Leistung abhängt, beinhaltet die Zahlung der letzten Kaufpreisrate die konkludente Erklärung einer Abnahme des Werks, und dies mit Wirkung für und gegen sich selbst. Hier liegt auch der Unterschied zur Entscheidung des BGH vom 05.11.2016 – ebenfalls hier besprochen -, denn im Fall der BGH-Entscheidung hat der Bauherr unter Verweis auf die Nichtfertigstellung und vorhandener Mängel weiter Zahlungen verweigert.
Das Gemeinschaftseigentum ist dann vollständig abgenommen, wenn alle Erwerber die Abnahme erklärt haben. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Verjährung von Mangelansprüchen. Im konkreten Fall kam das Gericht zu der Überzeugung, dass Verjährung bereits eingetreten war.
Der dem Gericht vorliegende Sachverhalt wird in der Realität kein Einzelfall sein, so dass auf Basis dieser Entscheidung Bauträger bzw. WEG erneut überprüfen sollten, ob bereits Verjährung von Mangelansprüchen eingetreten ist.
Dr. Pils
Rechtsanwältin